Es ist schon lange kein Geheimnis mehr: In Deutschland und vielen anderen wohlhabenden Ländern werden tonnenweise Lebensmittel weggeworfen und damit verbundene Ressourcen verschwendet. Doch wie viel an Lebensmitteln wird konkret vernichtet und in welchen Bereichen wird am meisten weggeworfen?
Grundsätzlich kann die Lebensmittelvernichtung in vier Bereiche eingeteilt werden:
Bemerkenswert ist, dass es zum Thema Foodwaste unterschiedliche Zahlen gibt. Während das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft von 12 Millionen Tonnen pro Jahr in Deutschland spricht, liegt die Zahl laut Quarks & Co., dem WWF und statista.com bei ca. 18 Millionen Tonnen pro Jahr. Das kann daran liegen, dass teilweise ebenso Speisereste, verpackte Lebensmittel und Getränke hinzugezählt werden und nicht nur einzelnes Obst, Gemüse, Brot und Ähnliches. Nach welcher Gesamtzahl man sich nun orientieren möchte, Fakt ist, dass durch die weggeworfenen Produkte wertvolle Energie-Ressourcen wie Ackerland und Wasser verschwendet werden. Und nicht nur das: Jährlich werden 48 Millionen Tonnen CO2 für Lebensmittel ausgestoßen, die produziert und gleich wieder im Müll landen – das ist in etwa so viel wie der jährliche CO2-Ausstoß der gesamten Schweiz. Unsere Wegwerfkultur befeuert demnach auch den Klimawandel.[1]
Weshalb Lebensmittel im Müll landen hat verschiedene Gründe. In privaten Haushalten sind es häufig Speisereste, weil zu viel gekocht wurde oder es schlicht nicht mehr „schmeckt“. Oft spielt aber auch das Mindesthaltbarkeitsdatum eine große Rolle: Sobald das Datum erreicht oder überschritten worden ist, werden die Produkte entsorgt, ohne zu überprüfen, ob sie nicht vielleicht doch noch genießbar sind.
In Supermärkten ist ebenfalls das Mindesthaltbarkeitsdatum ein Faktor, der dazu führt, dass Lebensmittel frühzeitig aus dem Sortiment genommen und weggeworfen werden. Zusätzlich werden Produkte entsorgt, deren Etikett beschädigt oder abgerissen ist – obwohl das Produkt selbst noch absolut in Ordnung ist. Zuletzt unterstützt auch das Marketing bestimmter Produkte die Lebensmittelverschwendung: Wenn Produkt-Logos oder Aufschriften geändert werden, werden häufig alle Lebensmittel mit den „alten“ Logos und Etiketten sofort vernichtet, statt den Abverkauf abzuwarten.
Ebenso beeinflusst natürlich der Endkunde, also jede*r einzelne von uns, wie mit Lebensmitteln umgegangen wird. Das Kaufverhalten im Supermarkt wirkt sich auch auf die Herstellung und Ernte von Lebensmitteln wie Obst und Gemüse aus. Geerntet wird grundsätzlich nur das, was eine bestimmte Größe erreicht hat – zu kleine Kartoffeln bleiben beispielsweise einfach auf dem Feld liegen, obwohl sie genauso gut schmecken. Nach der Ernte wird alles an Obst und Gemüse, das nicht dem Ideal entspricht aussortiert: Krumme Gurken, fleckige Äpfel, verwachsene Paprika – trotz Genießbarkeit landet alles auf dem Müll, weil beim Endkunden letztendlich nur perfekt aussehende Lebensmittel im Einkaufswagen landen.
Warum gehen wir so achtlos mit unserem Essen um?
Studien haben ergeben, dass das Ausmaß an weggeworfenen Lebensmitteln auch eine Generationenfrage ist: Haushalte mit überwiegend älteren Menschen werfen deutlich weniger weg, als Haushalte mit überwiegend jungen Menschen. Ältere Menschen wissen den Wert einzelner Lebensmittel mehr zu schätzen, weil sie zum Beispiel Zeiten erlebt haben, in denen nur wenig verfügbar war und es viel weniger Auswahl gab. Reste von Speisen werden von älteren Menschen einfach eingefroren und Tage später wieder aufgewärmt und gegessen, übrig gebliebenes Obst wird zu Kompott oder Marmelade verarbeitet. Menschen aus jüngeren Generationen fehlt dagegen oft der Bezug zum Essen: Wo kommt das Obst her? Wie viel Arbeit steckt dahinter? An jeder Ecke steht ein Supermarkt, alles ist überall und in Masse vorhanden – dabei geht schnell die Wertschätzung für Lebensmittel verloren.[2]
Wie kann man der Lebensmittelverschwendung entgegentreten?
Mittlerweile haben es sich viele kleine Geschäfte und Initiativen zur Aufgabe gemacht, genießbare Lebensmittel zu retten: Das kann beispielsweise so aussehen, dass Obst und Gemüse, aber auch andere Produkte, regelmäßig aus den Supermärkten abgeholt werden, um sie dann für einen günstigeren Preis noch an Kunden zu bringen.
Hin und wieder bieten Bauern/Bäuerinnen eine freie Nachernte an: Alles, was auf ihren Feldern noch zu finden ist und nicht bereits geerntet wurde, darf eingesammelt und kostenfrei mit nach Hause genommen werden. So werden viele „zu kleine“ Kartoffeln gerettet, ebenso blasses Gemüse oder krumm gewachsenes Obst, das genauso gut schmeckt wie das im Supermarkt. Dabei kann eine ganz schön große Beute entstehen, da teilweise bis zu 30 % der Gesamternte auf den Feldern liegen bleibt und sonst einfach im Müll landen oder verdorren würde.
Eine weitere Methode, weggeworfene Lebensmittel zu retten, ist vor allem bei Student*innen und allgemein jungen Menschen beliebt: das Containern. Überwiegend verpackte Lebensmittel werden aus den Mülltonnen herausgefischt und für den eigenen Verbrauch mit nach Hause genommen, meist handelt es sich um Müllcontainer von größeren Supermarkt- und Discounterketten. Containern, auch Dumpster Diving genannt, ist jedoch illegal und kann zu einer Strafverfolgung führen. Mülltonnen und –container sind Eigentum (z. B. der Supermärkte) und jegliches fremde Eindringen oder Entnehmen wird als Hausfriedensbruch oder sogar Diebstahl gewertet. Linkspolitisch motivierte Aktivist*innen lassen sich davon nicht beirren und bieten sogar Workshops zum Containern an. Neben allgemeinen Informationen zur Lebensmittelverschwendung in Deutschland wird in den Workshops über das rechtliche Risiko aufgeklärt, wenn man beim Containern erwischt wird. Anschließend gehen die Workshop-Teilnehmer*innen gemeinsam los und versuchen so viele Lebensmittel wie möglich aus den Mülltonnen ausgesuchter Supermärkte und Discounter zu retten.[3]
Was können wir sonst noch gegen Lebensmittelverluste tun?
Es ist durchaus auch Aufgabe der Politik, gegen Lebensmittelverschwendung vorzugehen. In vielen Ländern gibt es bereits Strategien:
Tschechien: Nicht verkaufte (und noch haltbare) Lebensmittel aus Supermärkten werden an die Tafel oder an andere gemeinnützige Organisationen gespendet. Wer sich nicht daran hält, muss mit Geldstrafen rechnen.
Frankreich: Liegengebliebene Produkte müssen an wohltätige Organisationen gespendet werden oder der Landwirtschaft zur Verfügung gestellt werden, z. B. als Tierfutter oder Kompost.
Italien: Hier gibt es keine Strafen oder Pflichten – Hersteller, Supermärkte und Co. werden mit Steuererleichterungen belohnt, wenn sie sich dafür einsetzen, dass weniger Lebensmittel im Müll landen.
In Deutschland gibt es bisher keine konkreten Vorgehensweisen, 2019 wurde lediglich eine „Nationale Strategie zur Verringerung von Lebensmittelabfällen“ beschlossen.[4]
Im eigenen Haushalt können schon kleine Schritte dabei helfen, dass wir weniger Lebensmittel wegwerfen:
Quellen:
[1] Quarks & Co. „Lebensmittelverschwendung vermeiden“ https://www.youtube.com/watch?v=lV3GI1_FI8g (aufgerufen am 05.03.2021)
[2] Quarks & Co. „Lebensmittelverschwendung vermeiden“ https://www.youtube.com/watch?v=lV3GI1_FI8g (aufgerufen am 05.03.2021)
[3] WDR Doku „Warum landet Essen im Müll?“ https://www.youtube.com/watch?v=zb1le2nWXJk (aufgerufen am 05.03.2021)
[4] https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/lebensmittelverschwendung/studie-lebensmittelabfaelle-deutschland.html (aufgerufen am 09.03.2021)
[5] https://blog.wwf.de/foodwaste-hacks/ (aufgerufen am 05.03.2021)
https://www.oekotest.de/essen-trinken/Foodwaste-Aktuelle-Zahlen-fuer-Lebensmittelverschwendung-ernuechtern-_10685_1.html (aufgerufen am 05.03.2021)
https://de.statista.com/infografik/13597/bundeslaender-nach-verschwendeten-lebensmittel/ (aufgerufen am 09.03.2021)
https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/gesund-ernaehren/was-politik-und-wirtschaft-gegen-lebensmittelabfaelle-tun-koennen-11216 (aufgerufen am 10.03.2021)
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